Meine Kundin sah mich erschöpft an: Hier sollte bald Ordnung im Papierkram herrschen???? Unsere erste gemeinsame Sitzung begann damit, alle Papiere aus allen Ecken der Wohnung zusammenzutragen. 2 Stunden waren wir damit beschäftigt. Aus allen Zimmern hatten wir beträchtliche Mengen an Papier gesammelt und auf dem Küchentisch vereint. Eine beeindruckende Menge und meine Kundin zeigte deutliche Zeichen der Verzweiflung. Ich hingegen rieb mir zufrieden die Hände – Papiere ordnen ist ja eine meiner liebsten Aufgaben. Ich liebe es, wie sich aus so einem Berg langsam eine Übersicht entwickelt, die nach und nach in Ordnern – und vor allem im Altpapier – verschwindet.
Tausende kleine Entscheidungen im Papierberg
In so einem Papiergebirge verstecken sich Tausende kleine Entscheidungen, die endlich getroffen werden wollen. Ich hab es ja schon oft erwähnt: Entscheidungen treffen ist anstrengend. Und Tausende Entscheidungen treffen? 1000 mal so anstrengend? Nein – ich konnte meine Kundin beruhigen: Entscheidungen zu treffen ist eine Trainingssache. Die Dinge sind die Fitnessgeräte, wir Ordnungscoaches sind die Trainer*innen. Wir werden also immer besser. Das gilt auch für die überwältigendste Papiermenge. Mit jedem Blatt wurde meine Kundin also sicherer und flotter. Ihr Wunsch, endlich Ordnung im Papierkram zu haben, wurde für sie machbar.
Umgekehrt heißt das, es kann kein Papierberg entstehen, wenn man die anstehenden Entscheidungen gleich trifft. Denn nichts anderes sind die Briefe, beschriebenen Notizzettel und ungeöffneten Kuverts: die Summe der aufgeschobenen Entscheidungen.
Drei Möglichkeiten, garantiert zu einem Papierchaos zu kommen
Warum aber kommt es zu diesem Stau? Die Post, die ein durchschnittlicher privater Haushalt täglich bekommt, ist ja nicht unbewältigbar. Ich habe mal meine „Ablagekunden“ revue passieren lassen und komme auf drei gemeinsame Nenner.
1.) Zu detailliertes Ordnungssystem
2.) Zu großer Respekt vor Papier
3.) Eine Bauchweh-Aufgabe
Die Ordnung im Papierkram hat’s gerne einfach
Für das Vorsortieren der Post – egal ob überschaubarer Wocheneingang oder über Monate angewachsen – braucht es eigentlich nur eine Dreiteilung: Archivierung – To-Do – Altpapier.
Wenn wir mit dem Papiere ordnen anfangen, arbeite ich mit meinen Kund*innen stets nach dem gleichen Prinzip. Unsere erste Überlegung bei jedem einzelnen Papier ist:
Wenn Sie diese Einteilung beibehalten, dann kommen Sie mit der täglichen Post nicht mehr in Schwierigkeiten.
Dafür reichen zwei (bitte nicht mehr) schlichte Ablagekörbe – einen für die Ablage, einen für die To-Dos. So behalten Sie den Überblick und vermeiden einen weiteren Aufgabenstau. Bauchweh-Aufgaben wird es auch mit diesem System geben. Aber sie werden Sie nicht mehr blockieren können.
Noch ein abschließender Tipp: sortieren Sie die tägliche Post schon beim Postkasten vor
Da ist die Altpapiertonne gleich ums Eck und den ersten Schwung an Entscheidungen haben Sie so schon vor dem Betreten der Wohnung getroffen.
Papier ist nicht heilig
Bloß keine Scheu, Briefe und Unterlagen dem Altpapier zuzuführen. Rechnungen, Garantien, Kontoauszüge, Erlagscheine, Informationsschreiben…. Kaum was davon muss ewig aufgehoben werden, vieles davon kann gleich weg. Brauchen Sie wirklich alle AGBs Ihres Telefonanbieters? Wahrscheinlich nicht – die aktuellsten reichen.
Erlagscheine und Überweisungsformulare können nach Erledigung entsorgt werden. Fortlaufende Rechnungen – wie Handyrechnungen – dienen zumeist nur der Information. Nur wenn es steuerliche Gründe gibt, gehören sie aufbewahrt. Wie man welche Papiere sinnvoll archiviert, dazu gibt es sehr hilfreiche Tipps.
Besonders viel Respekt wird Notizzetteln zuteil. Sie haben die unangenehme Eigenart uns mit unserer Nachlässigkeit zu konfrontieren, weil sie uns daran erinnern, was wir alles nicht erledigt haben. Das hat niemand gerne. Aber: die Zettel geben uns die Chance mal ganz ehrlich mit uns zu sein. Überlegen Sie, wie alt der Zettel ist. Wenn er älter als sechs Monate ist (wer mutig sein mag, nimmt drei Monate als Grenze), waren die notierten Aufgaben wohl nicht so wichtig. Notieren Sie Telefonnummern nochmal gesammelt in einem Kalender. Dann kann der Zettel weg. Sollten die Aufgaben doch wichtig gewesen sein, werden Sie Ihnen wieder einfallen.
Die Bauchweh-Aufgabe blockiert die Ordnung im Papierkram
Nicht selten hat der Papierstau seinen Anfang in einer Bauchweh-Aufgabe. Diese liegt plötzlich im Briefkasten und denkt sich nichts Böses. Aber: sie wird der Beginn eines wachsenden Berges sein. In regelmäßigen Abständen taucht sie in Form von Mahnungen und Erinnerungen auf. Die Bauchweh-Aufgabe hat eine komische Angewohnheit: sie redet uns ein „erst wenn Du mich erledigt hast, kannst/darfst Du Dich um den Rest kümmern.“ Ziemlich frech. (Ich habe auch eine Bauchweh-Aufgabe, aber die behalte ich für mich). Bauchweh-Aufgaben können sein: Telefonanrufe, Terminvereinbarungen, Einschicken von Unterlagen, Einholen von Informationen.
Damit meine Kunden wieder ins Tun kommen, sortieren wir die Post, die mit einer Aufgabe verbunden ist, aus – inklusive der Bauchweh-Post. Als nächstes suchen wir uns die Dinge, die in wenigen Minuten zu erledigen sind. Die werden dann auf die nächsten Tage verteilt. Damit ist ein großer, erleichternder Schritt getan. Sollte die Bauchweh-Aufgabe darunter sein (z.B. ein Telefonat) – zunächst ignorieren. Es kommt jetzt erstmal darauf an, wieder aktiv zu werden.
Alles was aufwändiger ist, wird nach bestimmten Kriterien vorsortiert: Ist es sehr wichtig? Muss es bis zu einem bestimmten Termin erledigt sein? Dann wird jede dieser Aufgaben mit einem Termin versehen. Fast alle Kunden erzählen beim nächsten Treffen erleichtert von ihrer abgearbeiteten Liste.
Für zukünftige Bauchweh-Aufgaben empfehle ich: notieren Sie sich nur den nächsten Schritt. Die Bauchweh-Aufgabe ist nämlich deshalb so unangenehm, weil sie viele kleine Schritte benötigt. Das kann schnell überfordernd sein. Wenn Sie sich aber nur auf den nächsten Schritt konzentrieren und auch nur diesen ganz konkret notieren, ist die Aufgabe machbar. Versprochen!
Mein Tipp: Sammeln Sie keine kleinen Aufgaben, um sie dann in einer ruhigen Stunde zu erledigen. Machen Sie alles, was nicht länger als 5 Minuten dauert sofort.
Überlegen Sie nicht ob sie die Aufgabe mögen oder diese schwierig werden könnte, sondern nur, wie viel Zeit sie in Anspruch nimmt. Dann ist die Antwort nicht „Nein“, sondern „3 Minuten“. So bauen Sie keinen inneren Widerstand auf. Schlau was?
Geschrieben von Katrin Miseré
1020 Wien
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