Inhalt
Toggle
Wann immer ich mit meinen Kund*innen ihren Papierkram sichte, begegnen mir zuverlässig ihre To-Do-Listen. Meist sind sie im ganzen Haushalt verstreut, schon nicht mehr ganz aktuell, seeeehr umfangreich und zum allergrößten Teil nicht erledigt. Meine Kund*innen sind darüber natürlich frustriert, weil diese Zettel und Listen ihnen das Gefühl geben, nichts geschafft zu haben.
In meinen 9 Jahren als Ordnungscoach, habe ich drei Hauptgründe für die ungezähmten Listen ausgemacht. Hinter jedem steckt ein anderer Glaubenssatz, der unbewusst in meinen Kund*innen arbeitet.
Wenn ich bei meinen Kund*innen alle Zettel, Post-Its und To-Do-Listen gesammelt vor mir liegen habe, gehen wir alles gemeinsam durch, priorisieren, streichen, überlegen, wie viel Zeit was in Anspruch nimmt und entwickeln einen Wochenplan. Und wir nehmen uns ihre Glaubenssätze vor. Beim Ordnen und Reden stellt sich schnell heraus, welcher der drei Gründe sie daran hindert, ihre Liste zu zähmen.
Ihrer To-Do-Liste ist es völlig schnuppe, wie voll sie ist. Sie wird bereitwillig alles aufnehmen. Sie wird nicht schreien „Stop – Du übernimmst Dich gerade“. Leider macht das auch sonst niemand. Eine stetig wachsende Liste und Aufgaben, die monatelang nicht in Angriff genommen werden, könnten ein Hinweis darauf sein, dass Sie sich vielleicht zuviel vornehmen. Es hat ja auch was für sich: alles, was man zunächst zu Papier bringt, ist erstmal aus dem Kopf. Und ganz ehrlich? Wir beschummeln uns dabei doch gerne mit dem Gedanken, somit schon was erledigt zu haben. Nur: alles was man zu Papier bringt, steht da dann auch und will irgendwie behandelt werden. Ich rate diesen Kund*innen, sich sehr genau zu überlegen, ob etwas wirklich auf die To-Do-Liste muss.
Auf eine To-Do-Liste gehören bei diesen Kund*innen erstmal nur Dinge, die erledigt werden müssen, weil sonst Probleme im Alltag entstehen. So bekommen sie zum ersten Mal seit langem wieder das Gefühl, nicht von ihren Aufgaben erdrückt zu werden. Sachen wie „Details zum Fotoapparat recherchieren“, „das neue Restaurant testen“, „Pullover fertig stricken“ oder „Fotos einkleben“ gehören in die Kategorie „wenn mal Zeit ist“. Legen Sie sich dafür einen eigenen Zettel an. Wahrscheinlich wird dieser Zettel in Windeseile anschwellen. Soll er doch. Aber wenn Sie sich wirklich streng an die Trennung halten, wird dafür Ihr To-Do-Zettel viel überschaubarer – und machbarer werden und dann haben Sie auch wieder Zeit für ein paar der Posten auf dem anderen Zettel.
Menschen, die alles perfekt machen wollen, verbringen sehr viel Zeit darauf zu überlegen, WIE sie es am perfektesten machen können. Vor lauter Überlegen und Tüfteln, kommen sie nicht dazu, die Dinge einfach zu erledigen. Meine Kund*innen überlegen und überlegen, wie sie am besten Ordnung halten können, welche Systeme ihnen dabei am effizientesten helfen können. Sie testen Notizbücher, Bullet Journals und Farbsysteme, um ihre To-Do-Listen zu organisieren. Sie machen Notizen, probieren System nach System aus. Aber zum Aufräumen und Erledigen kommen sie nicht. Die ganze Energie geht sozusagen in die Vorbereitung. Wer so veranlagt ist, dem ist nicht mit dem Satz „Jetzt lass doch mal Fünfe gerade sein“, geholfen. Mit meinen perfektionistischen Kund*innen erarbeite ich klare Abläufe, mit denen sie sich gut gerüstet fühlen. Perfektionisten neigen dazu, Systeme sofort zu verwerfen, sobald sie einen kleinen Makel entdeckt haben. Es ist wichtig, an den einmal beschlossenen Regeln festzuhalten. Stichwort: Trust the Process. Die kleinen Makel werden einfach von Anfang an mitbedacht und einkalkuliert. Das allein ist oft schon eine große Herausforderung.
Das Ziel ist es, die Freude am Abschluss zu spüren. Ich mache meinen Kund,*innen klar, dass die letzten 10% zum perfekten Ergebnis unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nehmen und zumeist den Abschluss ganz verhindern: von 100% der der Zeit für ein 100% perfektes Ergebnis benötigen die letzten 10% 90% der gesamten Zeit. Lassen Sie die letzten 10% da wo sie hingehören – in das Reich der Wunschvorstellungen. 90% sind super! Denn: nicht beendet sind selbst 99% gar nichts.
Wer sich jetzt denkt „das hab ich doch schonmal gehört“, hat Recht: die Pareto-Regel besagt genau das. Allerdings ging Vilfredo Pareto sogar von einem Verhältnis von 80% zu 20 % aus. Ich persönlich kann mich dem nur anschließen, für meine Kund*innen wäre das aber oft zu radikal.
Fast alle meiner Kund*innen, die denken, sie müssten alles im Alleingang erledigen, haben Familie und sind weiblich. Erraten – es sind die Mütter unter meinen Kund*innen (es gibt sicher auch Väter auf die das zutrifft- von denen hat mich bisher nur noch keiner um Hilfe gebeten). Sie haben alles im Kopf, erledigen alles, was sie im Kopf haben alleine und denken noch für alle anderen Familienmitglieder mit. Zumeist haben diese die Nicht-Arbeitsteilung ohne sie zu hinterfragen akzeptiert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu knirschen beginnt: dauernder Streit, ständige Enttäuschungen und das permanente Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden, machen das Familienleben freudlos. Die Hüterin über die To-Do-Liste muss lernen, Verantwortung abzugeben (das heißt natürlich auch Kontrolle abgeben). Gleichzeitig müssen die anderen Familienmitglieder auch in die Pflicht genommen werden. Oft fällt es den Einzelkämpfer*innen schwer, zu delegieren, Partner und Kinder dagegen wären oft bereit sich für ein entspannteres Miteinander mehr an den familiären Aufgaben zu beteiligen. In einer Familienkonferenz erarbeiten wir gemeinsam Regeln, wir bestimmen Zuständigkeiten und ich versuche oft überhaupt erst mal wieder eine Gesprächsbasis herzustellen.
Haben Sie auch das Gefühl, Ihre To-Do-Liste ist unbezähmbar? Dann versuchen Sie Ihren Glaubenssatz herauszufinden. Der erste Schritt zu einer Veränderung ist dann schon gemacht. Der führt über den eigenen Schatten – und das ist ja eigentlich immer ein Gewinn.
Mein Glaubenssatz ist übrigens der dritte.
Geschrieben von Katrin Miseré – Österreichs erster Ordnungscoach seit 2012
Hollandstraße 15/40, 1020 Wien
Phone:+4369917100326 , https://www.katrin-schafft-platz.at/